Ort | Dorfen |
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Auslober | Stadt Dorfen |
Landschaft | Die Grille |
Datum | 2023 |
Auszeichnung | 1. Preis |
Publikation | Competitionline - 28.09.2023, Süddeutsche Zeitung - 21.09.2023, Münchener Merkur - 21.09.2023 |
Mitarbeit | Liesa-Marie Hugler, Charlotte Meyer, Vanessa Salm, Teresa Kunkel, Pedro Hasse |
ORT
Südlich der Altstadt Dorfens, entlang der Bahnstrecke zwischen München und Mühldorf liegt das Gelände der ehemaligen Meindl-Ziegelei. Große industrielle Strukturen und weitläufig versiegelte Flächen, sowie eine relative Trennung von der angrenzenden Stadt prägen den Ort. In Teilen der Bestandsgebäude und auf den bestehenden versiegelten Flächen haben sich zwischenzeitlich Nutzungen angesiedelt. Diese prägen, zusammen mit der Erinnerung an die hier ehemals stattfindende Produktion und ihre verbliebenen Gebäude, die Wahrnehmung des Ortes, an dem bald ein neues urbanes Stadtquartier entstehen wird.
Weniger prägnant in der derzeitigen Wahrnehmung des Ortes, aber mit umso mehr Potential für die zukünftige Entwicklung des Geländes zu einem lebhaften Ort des Wohnens und Arbeitens, präsentiert sich der Landschaftsraum des Entwurfsgebiets. Die Insel der Produktion wird umfasst von ländlichen Strukturen. Besonders beim Blick vom Nordhang auf die Schornsteine des Meindl-Geländes und die in der Ferne liegende Altstadt Dorfens wird die hier vorgefundene räumliche Weite spürbar. Auch innerhalb des Entwurfsgebietes finden sich landschaftliche Potentiale. Insbesondere der Bestandswald am südlichen Ende der Sumpfhalle, sowie die daran anschließende bewegte Topografie erzeugen einen nahezu idyllischen Eindruck.
Der vorgefundene Ort des Entwurfs ist also ein durch vielfältige Atmosphären Aufgeladener. Das hier entstehende urbane Stadtquartiers kann davon profitieren, wenn es dem städtebaulichen Entwurf gelingt die zahlreichen wirkungsvollen Eindrücke zu erhalten, zu präzisieren und in die anspruchsvolle Aufgabe zu einzuflechten.
STRUKTUR
Der Entwurf für das neue Stadtquartier erhält daher ausgewählte, für das Erleben der vorgefundenen Atmosphären wesentliche, bauliche und naturräumliche Strukturen. Dies erscheint einerseits der Bedeutung des Meindl-Areals für die Dorfener Stadtgesellschaft angemessen. Andererseits werden so bereits eingesetzte Ressourcen und Materialien neu verwendet und ein wichtiger, ökologisch positiver Impuls gesetzt.
Von Norden nach Süden reihen sich erhaltene Bestandsgebäude aneinander und formen die ‚Reliktachse‘. Parallel zu dieser erstreckt sich auf der einen Seite die Straßen-Erschließung des Quartiers und auf der anderen Seite das ‚Grüne Band‘, das im bestehenden Wald beginnt und sich durch den ‚Sprung über die Bahn‘ in einer Fuß- und Radbrücke über das neue Quartier hinaus vernetzt. Reliktachse und Grünes Band werden durch die ‚Wasserfolge‘ gekreuzt. Sie verbindet das neue Stadtquartier in Ost-West-Richtung und nimmt, am Fuß des Hangs angeordnet, ökologische Funktionen, wie Versickerung, Retention und Verdunstung auf.
Reliktachse, Grünes Band und Wasserfolge gliedern das neue Stadtquartier in vier wesentliche Quartiersbausteine, die in ihrer jeweiligen Gestaltung auf vorgefundene Potentiale und Herausforderungen reagieren und die Atmosphäre des Ortes differenziert aufgreifen.
MEINDL KULTURPARK UND TIMBER CAMPUS
Die Produktions-Hallen der Ziegelei besitzen eine enorme räumliche Kraft. Aber sie haben ihren Zweck verloren, so erscheint es schwierig sie in ihrer Gesamtheit glaubhaft mit einer neuen Nutzung zu versehen.
Daher wird die nördliche Halle rückgebaut und durch lärmabschirmende, gewerblich genutzte, vier- bis fünf-geschossige Baukörper ersetzt. Von der mittleren und südlichen Halle wird die Tragstruktur in Teilen erhalten. Im Stützenwald der ehemaligen Hallen entsteht ein differenzierter Freiraum, der vorgefundene Elemente der ehemaligen Produktion wie die Ofenstraße aufgreift. Auslassungen in der Tragstruktur ermöglichen das Setzen neuer Gebäude, die in ihrer Ausrichtung der Struktur der Hallen folgen. Zugunsten der raumbildenden östlichen Giebelwand im Gegenüber zum Gelände des Tonwerks, wird hier ein Teil der Hallen in Gänze erhalten. Auf eine sinnvoll nutzbare Größe verkleinert beherbergen die verbleibenden Hallensegmente den neuen Timber Campus. Im Zusammenspiel aus Timber Campus, besonderem Freiraum, studentischen Wohnen und Arbeitsplätzen erhält Dorfen einen kleinen, aber atmosphärisch stark aufgeladenen Hochschul-Standort.
WALD WOHNEN UND WOHNEN IN DER LANDSCHAFT
Das atmosphärische Potential der beiden Quartiersbausteine südlich der Wasserfolge ist klar landschaftlich und naturräumlich geprägt. Die nach Norden abfallende Topografie erlaubt eindrückliche Blicke in die Weite, der dichte Bestandswald vermittelt eine fast zauberhafte Idylle.
Mit drei- bis vier-geschossigen Wohngebäuden reagiert hier eine modulhafte Bebauung auf das topografisch anspruchsvolle Gelände. Die ost-west-orientierten Gebäude, welche sich dem Hang folgend abtreppen, ermöglichen eine wirtschaftliche Gebäudetiefe. Gleichzeitig erzeugt ihre Positionierung spannungsvolle landschaftliche Zwischenräume, durch die die Hanglage erfahrbar wird. Durch Vor-und Rücksprünge werden trotz ost-west-Orientierung Blickbeziehungen hangabwärts in die Weite gefördert. Typologisch wurden die Gebäude als Modulhäuser konzipiert. Sie bestehen jeweils aus einem Kopfbau und einem Mittelbau, welche an einem Erschließungsmodul angefügt werden. Durch die Konzeption der Erschließungsmodule als witterungsgeschützt, aber offen, kann auch bei vier-geschossigen Gebäuden auf eine Rettung über Fahrzeuge der Feuerwehr als zweiter Rettungsweg verzichtet werden. Eine Integration von Aufstellflächen in die anspruchsvolle Topografie ist somit nicht notwendig.